UNIVERSAL - FRÄSMASCHINE


PROJEKT-DETAILS


OBJEKT-GESCHICHTE + KONTEXT

Die Fräse wurde 1970 durch Herrn Rudolf Langeloth aus einer größeren Huf-und Wagenschmiede bei Friedberg, Wetterau in Hessen nach deren Schließung erworben. Bis zur Gründung des Eisenbahnmuseums Darmstadt-Kranichstein war sie in Privatbesitz. Mit Gründung des Museums wurde 1990 der Bestand Langeloth als Dauerleihgaben teilweise mit eingegliedert. Bis zur Ausstellung der Fräse im Kontext der mechanischen Werkstatt vergingen weitere 10 Jahre.

Die Besonderheit der Fräse liegt im Detail; die technische Raffinesse der Konstruktion zwar ab 1900 keine Besonderheit mehr aber die Modifikation zum nachstellen der Verschleißteile und der Umbau auf Keilriemen legen nah dass die Fräse lange Zeit nach dem Transmissionszeitalter in Betrieb war.

Alle Einzelteile der Maschine sind mit der Nummer 22 gekennzeichnet. Es kann daher geschlussfolgert werden, dass die Teile nicht einer Serienproduktion entspringen, sondern teilweise per Hand nachbearbeitet wurden, um eine Passgenauigkeit zu erzielen.

 

MATERIAL

Es lässt sich aufgrund einiger Ausbrüche am Nutentisch zur Befestigung der Werkstücke schlussfolgern, dass der Korpus und weitere Teile aus Grauguss gefertigt sind. Aufgrund er Tatsache, dass die Verwendung des bruchunempfindlicheren Stahlgusses rein technisch ab 1851 (Patent Jacob Mayer) möglich ist, lässt sich vermuten, dass die Zugänglichkeit Problematisch war oder die Kosten zu hoch. Die Verwendung von Buntmetalllagern bzw. Weißmetall Ausguss für weniger Reibungswiderstand und damit weniger Verschleiß der Wellen ist nicht bei allen Maschinen Standard und zeugt hier von guter Qualität. Die Maschine ist also bei entsprechender Schmierung für eine lange Lebensdauer ausgelegt.

 

ZEITLICHE EINGRENZUNG + TECHNISCHE KONTEXTUALISIERUNG

GLEITLAGER

Der Verschleiß sämtlicher Lager kann außerdem durch konische Einbringung nachgestellt werden um die Genauigkeit der Maschine zu gewährleisten. Durch Einziehen der Lager mittels einer Mutter in Richtung des kleineren Durchmessers wird das längs offene Lager zusammen gedrückt und die Abnutzung ausgeglichen. Durch die exakte Ausführung des Konus bleibt die Rundlaufgenauigkeit trotz der Verschiebung äußerst genau. Auch diese Tatsache spricht für ein qualitatives Produkt, bei dem beabsichtigt war, dass es langlebig ist.

 

WERKZEUGAUFNAHME

Die Morsekegel-Werkzeugaufnahme macht sich eben dieses Prinzip zu Nutze: In der Maschine befindet sich ein Innenkonus, am Werkzeug der Außenkonus. Die Rundlaufgenauigkeit ist dadurch immer gegeben. Die Steigung des Kegels ermöglicht den Halt der Werkzeuge durch Reibung und Klemmen. Die Kräfte beim Fräsen jedoch sind meist so groß, dass das Werkzeug zusätzlich durch eine Schraube eingezogen wird. Der Morsekegel findet sich bei allen Maschinen dieser Phase und ermöglicht ein schnelles Wechseln der Werkzeuge, bei gleichbleibend sehr guter Rundlaufgenauigkeit. Morsekegel sind seit 1870[1] in Benutzung und erlauben damit keine zeitliche Eingrenzung nach oben.

 

VORSCHUB

Die Maschine hat einen maschinellen Vorschub in einer Achse, alle weiteren müssen per Hand betätigt werden. Zum Vergleich in der Industrie wird das zur gleichen Zeit weit übertroffen durch fühlergesteuerte Kopierfräsautomaten (1923)[2] bis 12 Tonnen Werkstücke.

 

ANTRIEB

Mit Sicherheit kann nur gesagt werden, dass der Entwurf der Fräse vor allem aufgrund des Vorgeleges einen reinen Transmissionsantrieb vorsah und diese Antriebsart anscheinend noch vorherrschend war.

 

ELEKTRIFIZIERUNG

Die Auseinandersetzung mit dem Thema der Elektrifizierung zeigt die Werkzeugmaschinenfirma Löwe (Berlin) in ihren Löwen Notizen 1926[3] und gibt damit einen ungefähren Zeitraum für die Produktion der Fräse um diesen Zeitraum herum bzw. früher.

 

FARBFASSUNG

Weitere Anhaltspunkte könnten die Farbfassung liefern: Die schwarze Originalfarbe wurde durch einen grauen Anstrich überfasst. Die Frage könnte also sein wann Werkzeugmaschinen noch mit schwarzer Farbe gefasst waren.

 

SICHERHEITSEINRICHTUNGEN

Des weiteren hat die Fräse Zahnradabdeckungen, welche erst mit der zunehmenden Sensibilisierung für den Arbeitsschutz aufkamen. Auch damit könnte eine zeitliche Eingrenzung nach unten vorgenommen werden. Bei der Recherche ist dabei aufgefallen das Maschinen bis 1910 derartige Abdeckungen nicht besitzen.

 

SCHLUSSFOLGERUNG

Es kann also vorsichtig vermutet werden dass die Maschine nach 1910 bis 1930 produziert wurde.

 


[1] FISCHER 1912, 291f.

[2] SPUR 1991, 456.

[3] SCHMIDT 1926, 49ff.

KONZEPT-ENTWICKLUNG

Eine essenzielle Fragestellung der Restaurierung besteht in der Funktionswiederherstellung und inwieweit das Objekt dafür verändert werden darf.

   Das Objekt ist ein Kind der Umbruchszeit und sollte dies auch kommunizieren können. Dies würde ermöglicht durch die Rekonstruktion des Keilriemenantriebs mit Hilfe eines Elektromotors.

   Der Kontext in einer mechanischen Werkstatt entspricht nicht dem des Objekts und würde eine wichtige Phase ausblenden. Die Problematik besteht darin, dass die Maschine in einen anderen Kontext gebracht werden müsste, welcher jedoch nicht existiert.Es gibt daher mehrere Möglichkeiten die Maschine Auszustellen.

 

MÖGLICHE PRÄSENTATIONSKONZEPTE

 

1) mit einem „Neuwertigen“ Antrieb zu versehen oder

2) die Keilriemenscheibe zu belassen und den Antrieb über die noch freie Stufenscheibe zu realisieren.

 

Die dadurch dargestellte Ambivalenz stellt jedoch eine große Inkonsequenz in der Zeitführung innerhalb der Gruppe bzw. des Objekts dar. Durchaus mag es Werkstätten gegeben haben, wo autarker Einzelantrieb neben Gruppen-Transmissionsantrieb parallel liefen. Aber diese Darstellung entspricht jedoch nicht der Zielführung des Museums.

 

Die Tatsache dass die Universalfräsmaschine dann nicht ausgestellt werden könnte legt jedoch die Überlegung nahe:

 

3) Eine Reversible Möglichkeit des Rückbaus auf Transmissionsantrieb durchzuführen.

 

Der Rückbau könnte im Falle der Aussicht auf einen geeigneteren Ausstellungskontext wieder entfernt werden. Die Reversibilität wird gewährleistet durch das Abschrauben der Keilriemenscheibe und dem Aufschrumpfen von Ringen zur Wiederherstellung der original Materialdicke.

PUBLIKATIONEN - DOWNLOAD

LITERATUR

FISCHER 1912: Hermann Fischer, Beiträge zur Geschichte der Werkzeugmaschinen, in: Beiträge zur Geschichte der Technik und Industrie, Berlin 1912, 274-308.

 

LUEGER 1904: Otto Lueger, Lexikon der gesamten Technik, Stuttgart und Leipzig 1904.

 

MIETHE 1912: Miethe, Die Technik Im Zwanzigsten Jahrhundert - Die Mittel Des Verkehrs Und Der Großbetriebe, Braunschweig 1912.

 

ROE 1920: J.W. Roe, Eli Whitney, 1765-1825. Der Erfinder der Baumwollentkernmaschine und der Schöpfer der austauschbaren Fertigung, In: Beiträge Zur Geschichte Der Technik Und Industrie, Berlin 1920, 155- 174.

 

SCHMIDT 1926: B. Schmidt, Die Verbindung zwischen Werkzeugmaschine und Elektromotor, In: Löwe Notizen, Berlin 1926, 49-54.

 

SPUR 1991: Günter Spur, Vom Wandel Der Industriellen Welt Durch Werkzeugmaschinen: Eine Kulturgeschichtliche Betrachtung Der Fertigungstechnik, München 1991.